Wir verlassen die Hauptstadt morgens mit einem kleinen Bus und fahren Richtung Süden. Über das Bamboo Hotel* hatten wir zwei Tage vor unserer Weiterfahrt diesen Transfer buchen lassen. Nach rund eineinhalb Stunden sind wir im 90 km entfernten Ninh Binh angekommen. Unser Bus macht irgendwo in der Stadt halt und wir steigen aus. Wir sind die einzigen, die es von unserer Bus-Truppe hier hin zieht. Der Rest fährt weiter gen Süden.
Mit unseren Rucksäcken auf dem Rücken und dem Reiseführer in der Hand machen wir uns zu Fuß weiter auf den Weg. Es begleitet uns diesmal wieder der Loose-Reiseführer*. So, wie wir da alleine der kaum befahrenen Hauptstraße folgen, fühlen wir uns wie kleine Entdecker, unterwegs in einem fremden Land mit nichts außer unserem wenigen Hab und Gut. Heute scheint sogar mal die Sonne und ruckzuck ist es richtig warm. Nach rund 30 Minuten stellen wir fest, dass wir irgendwie nicht da sind, wo wir sein sollten und nach weiteren 30 Minuten umher irren, habe ich langsam die Schnauze voll vom „Entdecker spielen“. Es ist heiß, der Rucksack schwer und wir wissen nicht wohin. Eins ist klar: das nächste Taxi ist unseres!!!
Tatsächlich kommt wenige Minuten später ein Taxi und fährt uns zu unserem Hotel. Wir nächtigen im Queen Hotel*, mittlere Preiskategorie, sauber und mit Frühstück. Wir besorgen uns an der Rezeption eine Karte von der Stadt und der Umgebung. Das Hotel verfügt auch über einen kleinen Rollerverleih und da die Straßen Ninh Binhs wenig befahren sind, wagen wir uns auf das Zweirad.
Nicht weit von Ninh Binh liegt schon die trockene Halong Bucht. Hoch aufragende Karstfelsen zwischen Reisfeldern, dazwischen schlängeln sich Flüsse hindurch. Zum Teil haben die Flüsse und Bäche den Stein der Felsen so ausgewaschen, dass Höhlen und unterirdische Durchgänge entstanden sind. Genau das werden wir Tam Coc erleben. Mit einem Paddelboot geht es auf den Flüsschen durch die trockene Halong Bucht und unser Boot wird geführt von einer Vietnamesin, die uns unter dem Namen "Tip-Tip" in Erinnerung bleiben wird.
Wir steuern mit unserem Zweirad Tam Coc an und stellen fest, dass es hier doch einiges an Tourismus gibt. Das tut unserem Tripp (etwa 2-3 Stunden) durch die trockene Halong Bucht aber keinen Abbruch.
Irgendwann auf unserer Tour kommt uns eine Frau mit einem Paddelboot entgegen und preist ihre Ware an. Wir kaufen etwas und auch unserer Paddel-Dame soll sich auf unsere Kosten etwas aussuchen – dies wurde uns nahezu aufgedrängt, aber okay. Tip-Tip kauft also auch einige Dinge und die Verkäuferin zieht weiter. Wir steuern unseren Ausgangspunkt an und rund 30 Minuten später sind wir wieder zurück. Kaum am Anleger angekommen, will unsere Paddel-Frau wieder etwas, sie hat sich schließlich noch ein Trinkgeld verdient! Sie fordert frech „Tip, Tip“ und blieb uns deswegen auch als Tip-Tip in Erinnerung.
Am nächsten Tag wollen wir einfach ziellos durch die trockene Halong Bucht fahren und die Gegend erkunden. Und wir entdecken Tempel, Tempel und nochmal Tempel…
Auf unserer Erkundungstour erreichen wir irgendwann gegen Mittag einen großen Parkplatz und auf der anderen Straßenseite ein großes, schickes Gebäude. Vorwitzig wie wir sind schauen wir uns das ganze etwas näher an. Unverhofft sind wir am Ausgangpunkt für die Trang An-Grotte angelangt. Hier läuft es genauso ab wie bei Tam Coc. Bootsfahrt durch die trockene Halong Bucht, durch Höhlen hindurch und mit Stopps an Tempelchen. Genauso? Nein, es fehlen die westlichen Touristen – hier herrscht ausschließlich vietnamesischer Touristenverkehr, was das ganze umso reizvoller macht.
Wir kaufen zwei Tickets für kleines Geld, bewegen uns zum Anleger für die Boote und ich bin überrascht, als eine junge Vietnamesin mir ihr Handy hinhält. Aha, okay, Foto machen. Ich nehme das Handy und will das Mädel (ca. 15 Jahre) fotografieren. Da hackt sich das junge Ding bei meinem Freund ein und strahlt in die Kamera. Oooookayyy.. *klick*, schieße ich das Foto. Das Mädel scheint glücklich, eilt zu mir, hakt sich ein und nun soll Michael ein Foto machen. Dieses Phänomen wird uns auf dieser Tour noch oft begegnen. Jeder will Bilder mit uns… und wir fühlen uns wie Stars… oder doch wie im Zoo?
Diese Tour mit Boot war wirklich atemberaubend. Länger und viel authentischer als die Tam Coc-Tour, auch wenn heute das Wetter mal wieder nicht so mitspielt. Teils führt unserer Weg durch bis zu 200m lange Höhlen, die Decken knapp über unseren Köpfen, sodass wir den Kopf einziehen müssen. Immer wieder steigen wir aus um zu Tempelchen zu gehen, die im dichten Blätterdach der bewachsenen Berge versteckt liegen. Einfach phänomenal.
Es ist bereits Abend, als wir Trang An verlassen. Und wir machen noch einen kleinen Abstecher nach Hoa Lu. Hier war das vietnamesische Machtzentrum bevor 1010 n. Chr. Hanoi die neue Hauptstadt wurde. Es wird leider schon dunkel, aber einige Eindrücke konnten wir dennoch mitnehmen.
Unser letzter Tag in Ninh Binh bricht an. Heute Abend werden wir mit dem Zug weiter Richtung Süden fahren. Bevor es aber weiter geht, wollen wir uns die Gegend um Tam Coc nochmal genauer ansehen – und zwar vom Ufer der Flüsse aus. Bereits vom Boot aus haben wir einen Tempel entdeckt, der auf der Spitze einer der Karstberge ruht. Wir machen uns auf den Weg. Leider ist das Wetter noch schlechter als am Vortag. Dichte Wolken hängen in den Bergen der trockenen Halong Bucht. Aber noch ist es trocken. Vorsichtshalber ziehen wir unsere Regenkombis an, die wir in weiser Voraussicht aus Deutschland mitgebracht haben.
Gegen Mittag wollen wir nach Chua Bai Dinh. Auf dem Weg dahin öffnet der Himmel schließlich seine Schleusen. Gott sei Dank haben wir die Regenklamotten an. Auf unserem Rollerchen kämpfen wir uns bis zu dem größten Tempelkomplex Vietnams. Die Anlage ist Buddha gewidmet und ein wahrer Prunkbau. In mehrere Hallen stehen gigantische Statuen. Bei diesen Tempelbauten gehen unsere Meinungen auseinander: Michael ist fasziniert von der Größe und dem Prunk. Ich halte es für dekadent und übertrieben. Aber egal wie man es sieht, ein Besuch lohnt sich allemal.
Nach unserem Besuch des Tempelkomplexes heißt es Abschied nehmen von Ninh Binh. Ob wir wieder hinfahren würden? Auf jeden Fall! Wenngleich wir schon einiges in Vietnam gesehen haben und auch in Anbetracht dessen, was wir noch sehen werden, können wir heute behaupten: Ninh Binh war unser persönliches Highlight in Vietnam. Die Natur, die Einsamkeit, die versteckten Tempelchen und die Menschen – alles war einfach wunderbar. Bis auf das Wetter, aber das kann man sich ja nicht aussuchen.
Mit dem Nachtzug geht es nun weiter Richtung Süden. Nächster Stopp: Hue, am Wolkenpass.